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Können Sie Ihre Kinder enterben?

Sie können Ihre Kinder enterben, es gibt jedoch Grenzen. Es steht Ihnen nicht völlig frei, Ihr Vermögen zu vererben, wem ​Sie wollen. Jedes Kind hat Anspruch auf einen Mindesterbteil oder „Pflichtteil“​.

Der Pflichtteil

Der Pflichtteil für Ihre Kinder entspricht der Hälfte Ihres Vermögens, unabhängig davon, wie viele Kinder Sie haben. Wenn Sie zwei Kinder haben, hat jedes Kind Anspruch auf mindestens ein Viertel Ihres Vermögens.

Wenn Sie verheiratet sind, erhalten Ihre Kinder diesen Pflichtteil als bloßes Eigentum. Ihr Ehepartner erbt den Nießbrauch an Ihrem gesamten Nachlass. In allen anderen Fällen erben die Kinder diesen Anteil in Volleigentum.

Berechnung des Pflichtteils

Es wird nicht nur das Vermögen betrachtet, das Sie bei Ihrem Tod hinterlassen. Auch frühere Schenkungen und Lebensversicherungszahlungen werden, nach Abzug der Schulden, fiktiv dem Vermögen zugerechnet. All dies bildet die „fiktive Masse“. Ausgehend von dieser fiktiven Masse können dann der Pflichtteil und der verfügbare Teil berechnet werden.

Der Wert der Schenkungen

Um die fiktive Masse zu ermitteln, muss der Wert zum Zeitpunkt der Schenkung, der auf das Datum Ihres Todes indexiert ist, verwendet werden.

Die Bewertung kann anders ausfallen, wenn der Beschenkte nur das bloße Eigentum erhalten hat.

Beispiel:

Sie hinterlassen ein Familienhaus im Wert von 400 000 Euro und ein Portfolio im Wert von 600 000 Euro.

Sie hatten Ihrem Sohn bereits ein Haus im Wert von 180 000 Euro und Ihrer Tochter einen Geldbetrag von 180 000 Euro geschenkt. Diese Schenkungen werden der fiktiven Masse hinzugefügt. Der Wert der Schenkungen wird auf Ihr Sterbedatum indexiert. In diesem Beispiel gehen wir davon aus, dass die Schenkungen von 180 000 Euro auf 200 000 Euro indexiert werden.

Die fiktive Masse ist dann gleich:

Vermögen bei Tod (Familienheim + Portfolio): 1 000 000
+ Schenkungen (indexiert): 400 000

= 1 400 000

Ihre Kinder müssen also mindestens die Hälfte dieser fiktiven Masse (700 000 Euro) erhalten. Sie haben Anspruch auf jeweils 350 000 Euro. Beide haben bereits 200 000 EUR durch eine Schenkung erhalten. Das bedeutet, dass sie bei Ihrem Tod beide mindestens noch 150 000 Euro aus Ihrem Nachlass erhalten müssen. Die andere Hälfte Ihres Vermögens (700 000 Euro) können Sie vererben, wem immer Sie wollen.

Was ist, wenn Ihr Kind nicht wenigstens seinen Pflichtteil bekommt?

Ihr Kind kann seinen Pflichtteil einfordern. Man spricht von einem „Antrag auf Herabsetzung“. Die Person, die von Ihnen eine Schenkung oder einen Teil des Erbes erhalten hat, muss das benachteiligte Kind mit einem Geldbetrag entschädigen.

Diese Herabsetzung ist nicht obligatorisch und erfolgt nicht automatisch. Ihr Kind entscheidet selbst und muss die notwendigen Maßnahmen ergreifen.

Wenn Ihr Kind weiß, dass sein Pflichtteil betroffen ist, aber die Herabsetzung nicht geltend macht, erlischt der Anspruch auf Herabsetzung mit dem Abschluss Ihres Nachlasses.

Der Nachlass ist abgeschlossen, wenn das Vermögen liquidiert und unter den Erben verteilt wurde.

Wenn Ihr Kind nicht weiß, dass sein Pflichtteil betroffen ist (z. B. weil die Teilung des Nachlasses ohne notarielle Aufsicht stattfand und daher keine fiktive Masse gebildet wurde), kann es die Herabsetzung auch noch nach dem Abschluss Ihres Nachlasses bis maximal 30 Jahre nach Ihrem Tod geltend machen.

Können Sie mit Ihrem Kind Vereinbarungen treffen, bevor Sie sterben?

Wenn Ihr Kind einverstanden ist, können Sie es (teilweise) enterben. Ihr Kind kann nach Ihrem Tod aber ebenfalls beschließen, nichts zu unternehmen, um seinen Pflichtteil geltend zu machen. Oder Sie können vor dem Tod einen Erbvertrag abschließen, um dies festzulegen.

Beispiel: Sie schenken Ihrem Sohn 100 000 Euro und Ihrer Tochter, die es finanziell nicht so leicht hat, 300 000 Euro. Durch einen Erbvertrag können Sie mit Ihren Kindern vereinbaren, dass Ihr Sohn auf den Herabsetzungsanspruch verzichtet.

Fazit

Sie können Ihr Kind nicht vollständig enterben, es sei denn, Ihr Kind ist damit einverstanden. Berücksichtigen Sie also bei Ihrer Planung den Ihrem Kind zustehenden Mindesterbteil.

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