c warning
Es ist ein Fehler aufgetreten. Die Seite ist vorübergehend nicht verfügbar.

Handelskrieg bringt Kreislaufwirtschaft wieder auf die Tagesordnung

Die Handelspolitik, die Präsident Trump mit harter Hand durchzusetzen versucht, droht die Weltordnung völlig auf den Kopf zu stellen. Das Misstrauen zwischen den Ländern wächst, und der internationale Handel hängt an einem seidenen Faden. Kann die Kreislaufwirtschaft dem entgehen und so Chancen für Investoren schaffen?

Die Globalisierung an einem Wendepunkt

In den letzten vier Jahrzehnten hat die Globalisierung das weltweite Wirtschaftswachstum und den Wohlstand gefördert. Es ist schwierig, die Vorteile zu quantifizieren, die uns der Freihandel und die internationalen Lieferketten gebracht haben. In den letzten Jahren ist dieser Trend durch eine Reihe von Ereignissen wie den Brexit, die Covid-Pandemie, den Handelskrieg zwischen den USA und China und den Krieg in der Ukraine stark unter Druck geraten. "Es scheint, als ob die Integration der größten Nationen der Welt einen Wendepunkt erreicht hat", sagt Jonas Theyssens, Portfoliomanager bei KBC Asset Management. 

Experten warnen vor den zerstörerischen Folgen einer Regionalisierung oder gar Deglobalisierung. Das wachsende Misstrauen zwischen den Ländern drängt die Regierungen dazu, ihre eigene Wirtschaft zu schützen.

Jonas Theyssens, Portfoliomanager KBC Asset Management

Die führenden Politiker der Welt schrecken nicht davor zurück, wertvolle Ressourcen und Technologien als geopolitische Waffen einzusetzen. Im Jahr 2022 beschloss Präsident Biden, die Ausfuhr der modernsten Chips von Nvidia nach China zu beschränken, und zwar aus Sicherheitsgründen. China konterte mit Ausfuhrbeschränkungen für wichtige Rohstoffe wie Gallium und Antimon in die USA und nach Europa. Etwa zur gleichen Zeit blockierte Russland den Transit ukrainischen Getreides durch das Schwarze Meer und drohte damit, viele afrikanische Länder ohne Getreide zu lassen. "Die Tatsache, dass Länder von heute auf morgen beschließen können, den Hahn komplett zuzudrehen, stellt ein großes Risiko für Regionen dar, die stark vom internationalen Handel abhängig sind, wie beispielsweise Europa", warnt Theyssens. 

Europa in einer verletzlichen Position

Der wirtschaftliche Erdrutsch stellt ein weiteres Risiko für Europa dar, das trotz aller Bemühungen seit dem Krieg in der Ukraine immer noch in hohem Maße von anderen Ländern abhängig ist, wenn es um wichtige Rohstoffe, Technologien und fossile Brennstoffe geht. 

Unsere prekäre Lage sollte ein Weckruf für die europäischen Staats- und Regierungschefs sein, die Kreislaufwirtschaft zu beschleunigen, die unsere wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit kurzfristig stärken kann.

Jonas Theyssens, Portfoliomanager KBC Asset Management

Diese schwache europäische Position bei wichtigen Rohstoffen, seltenen Metallen, (fossilen) Brennstoffen, Computerchips und Batterien ist nicht neu, aber die geopolitischen Spannungen machen die Schwächen erneut deutlich. "Bei einigen Dingen, die in unserer modernen Gesellschaft unverzichtbar sind, sind wir fast vollständig von anderen Ländern abhängig", sagte Theyssens. "Wir importieren zum Beispiel 100 % aller Schwermetalle aus China, 98 % unseres Bors aus der Türkei und 71 % unseres Platins aus Südafrika. Das sind erschreckend hohe Prozentsätze. Auch bei der Energieversorgung sind wir weiterhin zu sehr von anderen Ländern abhängig, obwohl der Trend eindeutig nach unten geht. Nach den neuesten Zahlen der Statistikbehörde Eurostat wird die Europäische Union im Jahr 2023 immer noch 58 % ihrer Energie importieren. Russland ist zwar nicht mehr der Hauptlieferant, aber die Abhängigkeit von russischem Gas wurde durch Öl und Flüssiggas aus den USA und Katar ersetzt. Auch bei der Technologie ist Europa besonders abhängig von anderen Teilen der Welt, vor allem von US-Unternehmen. Mehr als 80 % der digitalen Technologien - von der Hardware bis zur Software und allem, was dazwischen liegt - werden importiert, und die meisten digitalen Infrastrukturen befinden sich im Besitz außereuropäischer Unternehmen. Mit der Dominanz Chinas und der USA in den Bereichen künstliche Intelligenz und Quantencomputer wird dieser Prozentsatz nur noch steigen."

Zeit zum Handeln

Die europäischen Staats- und Regierungschefs stehen vor einer großen Herausforderung. Europa hat zu spät auf die zunehmende Verknappung von Rohstoffen, Batterien, Chips und fossilen Brennstoffen reagiert. Die Schwachstellen sind bekannt, aber es gibt derzeit keine Alternativen, und nachhaltige Lösungen kosten Zeit und Geld. "Klaske Kruk, Experte für Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit, sagte während der Woche der Kreislaufwirtschaft in den Niederlanden, dass der Ruf nach Autonomie immer lauter wird und die Kreislaufwirtschaft dazu beitragen kann", weiß Theyssens. "Wenn wir mehr Anstrengungen unternehmen, um uns selbst zu versorgen, kann das kurzfristig den Schmerz lindern und unsere Position am Verhandlungstisch stärken."

"Auch mit den Rohstoffen, die wir hauptsächlich importieren und verwenden, gehen wir unvorsichtig um", fuhr er fort. "Wir recyceln wenig und verbrennen viel. Das Mindeste, was wir tun können, ist, die uns zur Verfügung stehenden Ressourcen intelligenter zu nutzen. Der Wiederverwendung, der Reparatur, der gemeinsamen Nutzung und dem Recycling am Ende des Lebenszyklus sollte mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden. Die Schließung des Wirtschaftskreislaufs wird bei weitem nicht ausreichen, um das Abhängigkeitsproblem vollständig zu beseitigen, aber sie bietet eine echte Lösung für den Moment."

Es ist höchste Zeit, dass die Regierungen ihre ehrgeizigen Ziele in konkrete Maßnahmen umsetzen. Unternehmen können in einem linearen System einfach nicht zirkulär arbeiten.

Jonas Theyssens, Portfoliomanager KBC Asset Management

"Trotz dieser vielversprechenden Entwicklungen hat die Einführung der Kreislaufwirtschaft die Erwartungen noch nicht erfüllt", so Theyssens weiter. "Der Übergang ist nach wie vor langsam und ungleichmäßig, und es klaffen große Lücken zwischen dem theoretischen Potenzial und der praktischen Umsetzung. Die Regierungen sind sich der Dringlichkeit immer noch nicht bewusst, was zu einem unzureichenden Rechtsrahmen führt. Da Rohstoffe leicht und billig aus anderen Ländern importiert werden konnten, war die Kreislaufwirtschaft eher ein Nice-to-have als eine Priorität. Auch in der Geschäftswelt zögert man, sich von der traditionellen linearen Wirtschaft zu lösen, da es noch zu viel Unsicherheit in Bezug auf Vorschriften, Amortisierung von Investitionen und logistische Herausforderungen gibt."

Ein strukturell wachsender Investitionstrend

Der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft bietet Investitionsmöglichkeiten in vielen Sektoren. Von der Verwendung nachhaltigerer Materialien und Verpackungen bis hin zur Einführung einer Kreislaufmentalität in den Produktionsprozess. Von der Verlängerung der Lebensdauer von Produkten durch Vermietung, Reparatur und Wiederverkauf bis hin zur Verwaltung und Umwandlung von Abfällen in Ressourcen. In jeder Phase des Lebenszyklus eines Produkts gibt es Möglichkeiten für Unternehmen, die Grundsätze der Kreislaufwirtschaft zu integrieren, um die Effizienz zu verbessern, Abfall zu reduzieren und neue Märkte zu erschließen.

Investoren, die bei der Kreislaufwirtschaft als aufkommendem strukturellen Trend eine Vorreiterrolle einnehmen, können mit der Zeit davon profitieren.

Jonas Theyssens, Portfoliomanager KBC Asset Management

"Als echter Investitionstrend hat sich die Kreislaufwirtschaft noch nicht wirklich durchgesetzt. Das Thema ist oft weniger greifbar und regt die Fantasie nicht so an wie künstliche Intelligenz, "Weltraumwirtschaft" (kommerzielle Nutzung des Weltraums, n.v.d.r.) oder selbstfahrende Autos. Das Thema ist jedoch so breit gefächert, dass man als Investor mit einem potenziellen Interesse an der Kreislaufwirtschaft zeitlich gestaffelt auf einen strukturellen und sehr aktuellen Wachstumstrend reagieren kann", so Theyssens abschließend.

"Nehmen Sie ein Logistikunternehmen wie Brambles. Brambles verfügt über einen Pool von 350 Millionen wiederverwendbaren Paletten, Kisten und Containern, die es an Unternehmen vermietet, um deren Waren zu transportieren und sie nach Gebrauch von Kunde zu Kunde weiterzugeben. Oder ein Unternehmen wie Copart, die größte Online-Autoauktionsplattform, die ihre Marktkapitalisierung seit 2015 mehr als verzehnfacht hat. Copart verkauft Autos, die aufgrund von Schäden nicht mehr versichert werden können, an Reparaturwerkstätten oder Demontagebetriebe, damit die Teile ein zweites Leben erhalten. Bei den Abfallentsorgungsunternehmen sehen wir, wie Waste Management oder Republic Services Abfall in Energie umwandeln.
Wir haben aber auch mehrere Unternehmen in unseren Reihen, die sich stark für die Kreislaufwirtschaft engagieren. Ein Unternehmen wie das dänische Novonesis ist weltweit führend bei Enzymen und Mikroorganismen, die unter anderem für die Herstellung von Biokraftstoffen, Probiotika und Pflanzenproteinen benötigt werden. Ein Befesa oder ein Norsk Hydro sind im Stahl- und Aluminiumrecycling tätig. Und eine Solvay, die erst kürzlich eine völlig neue Produktionshalle für Seltene Erden in La Rochelle, Frankreich, eröffnet hat", so Theyssens abschließend. "Es gibt also viele Beispiele."

Lesen Sie mehr über verantwortungsbewusstes Investieren?

Hier erfahren Sie mehr

Dieser Artikel ist rein informativ und sollte nicht als Anlageberatung angesehen werden.