
Dunkle Fabriken, leuchtende Investitionschancen
Unterbrechungen der Lieferkette, geopolitische Spannungen oder eine unbeständige Handelspolitik wirken sich sowohl auf die Nachfrage als auch auf das Angebot aus. Die geografische Flexibilität der Produktionsstandorte wird daher für die Unternehmen immer wichtiger. Ihre Widerstands- und Wettbewerbsfähigkeit hängen davon ab. Es ist jedoch leichter gesagt als getan, die gleichen Produktionsstrukturen in verschiedenen Regionen zu reproduzieren. Glücklicherweise gibt es Technologien, die dabei helfen. Man denke nur an künstliche Intelligenz (AI), fortschrittliche Robotik und das Internet der Dinge (IoT).
Dunkle Fabriken verändern die Spielregeln. Die Frage ist nicht, ob Unternehmen automatisieren werden, sondern wer die Automatisierung am schnellsten und intelligentesten zu seinem Vorteil nutzt.
Joris Franck, Portfoliomanager KBC Asset Management
Warum Unternehmen ihre Produktion geografisch verteilen sollten
Der globale wirtschaftliche und geopolitische Kontext hat sich in den letzten Jahren drastisch verändert. Die Unternehmen sehen sich mit einer wachsenden Unsicherheit konfrontiert: von Pandemien und Naturkatastrophen bis hin zu geopolitischen Spannungen wie dem Handelskrieg zwischen den USA und China, dem Krieg in der Ukraine und den Spannungen um Taiwan. Diese Ereignisse haben gezeigt, wie anfällig globale Lieferketten sind.
„Hinzu kommt, dass Präsident Trumps launische Außenpolitik zusätzliche Risiken schafft. Zölle können plötzlich steigen, Exportbeschränkungen können eingeführt werden und der Zugang zu Märkten kann sich über Nacht ändern“, so Joris Franck, Portfoliomanager bei KBC Asset Management. „In einem solchen Kontext ist es für Unternehmen entscheidend, ihre Produktionskapazitäten geografisch zu verteilen. Nicht nur, um solche Risiken zu mindern, sondern auch, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.“
Der Vorteil reproduzierbarer Produktionsstrukturen
Flexibilität und Belastbarkeit sind entscheidend. „Für Unternehmen ist es wichtig, dass sie ihre Produktionsstrukturen in verschiedenen Regionen einfach replizieren können. Das bedeutet, dass ein Unternehmen zum Beispiel dieselbe Fabrik - mit denselben Verfahren - in Europa, Asien und Nordamerika errichten kann“, so Franck.
Diese Replizierbarkeit bietet mehrere Vorteile:
- Schnell erweiterbar: Unternehmen können schnell auf die lokale Nachfrage reagieren.
- Risikostreuung: Probleme in einer Region, etwa politische Instabilität oder Naturkatastrophen, haben weniger Einfluss auf die Gesamtproduktion.
- Konsistente Qualität: Standardisierte Prozesse gewährleisten eine einheitliche Produktion unabhängig vom Standort.
- Nähe zu den Kunden: Dies wirkt sich direkt auf die Transportkosten aus.
Technologische Fortschritte beschleunigen die geografische Flexibilität

Die Vorteile liegen auf der Hand, aber die Einrichtung mehrerer Produktionsstandorte ist keine leichte Aufgabe. Die Unternehmen stehen vor einer Reihe von Hindernissen. Unter anderem gibt es die hohen Anfangsinvestitionskosten: Der Bau einer neuen Fabrik ist teuer. Auch verfügt nicht jede Region über genügend oder gut ausgebildete Arbeitskräfte. Und dann sind da noch die komplexen Lieferketten. Ganz zu schweigen von den Unterschieden in Gesetzgebung, Arbeitsvorschriften und Gepflogenheiten im Geschäftsleben.
„Präsident Trump möchte, dass das iPhone in den Vereinigten Staaten und nicht in China produziert wird. Aber das ist leichter gesagt als getan. Apple ist seit Jahren einer der größten ausländischen Investoren in China und ist natürlich daran interessiert, von diesen Investitionen zu profitieren, statt neue Investitionen zu tätigen“, so Franck. „Aber die Fortschritte in der Fertigungstechnologie - wie Automatisierung, Internet der Dinge (IoT), Robotik und künstliche Intelligenz (KI) - werden die Verlagerung solcher Produktion in den kommenden Jahren wahrscheinlich schrittweise erleichtern und wirtschaftlich interessanter machen.“
Dieser Fortschritt führt zum Aufkommen der dunklen Fabriken. „Es handelt sich um vollständig automatisierte, Lights-Out-Anlagen, die rund um die Uhr mit sehr beschränkten oder gar keinen menschlichen Eingriffen arbeiten“, so Franck. „Eine automatisierte Fabrik kann schneller als eine traditionelle Fabrik betriebsbereit sein. Außerdem liefern Roboter unabhängig vom Standort eine gleichbleibende Qualität.“
Die Zukunft der Produktion hängt nicht mehr davon ab, wo Arbeit billig ist.
Joris Franck, Portfoliomanager KBC Asset Management
Das Aufkommen von Lights-Out-Anlagen hat natürlich auch Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. In Regionen, in denen Arbeitskräfte teuer oder knapp sind, bieten diese Fabriken eine attraktive Alternative. In Westeuropa oder in den USA etwa, wo die Lohnkosten hoch sind, kann eine durchgängige Automatisierung die Produktion wieder wettbewerbsfähig machen. Und obwohl manche Arbeitsplätze verschwinden, entstehen auch neue, wie die für Datenanalysten, KI-Ingenieure, Roboter-Wartungstechniker und so weiter.
„Das japanische Robotikunternehmen Fanuc leistete bereits 2001 Pionierarbeit mit dem Konzept der Dark Factory“, sagt Franck. „Aber es ist China, das neulich beim Ausbau der dunklen Fabriken die Führung übernommen hat. Vor 10 Jahren gab China seine Strategie „Made in China 2025“ bekannt. Das Land hat massiv in die Robotik investiert. Außerdem ist das Jahr 2025 nur ein Meilenstein in Chinas Bestreben, bis 2049 eine Hightech-Supermacht im verarbeitenden Gewerbe zu werden.
Digitale Zwillinge beschleunigen den Aufstieg der dunklen Fabriken.

Ein digitaler Zwilling eines Produktionsprozesses ist eine virtuelle Kopie des physischen Produktionsprozesses. Dieses digitale Modell ermöglicht es Unternehmen, Produktionsprozesse virtuell zu testen und zu optimieren, bevor sie physisch umgesetzt werden. Probleme werden frühzeitig erkannt und gelöst. Die Effizienz wird maximiert.
„Nvidias Omniverse ist ein Beispiel für eine Plattform, die die Erstellung und Simulation digitaler Zwillinge durch die Integration von Echtzeit-3D-Design, KI und physikbasierten Simulationen ermöglicht“, fügt Franck noch hinzu. „Es wird von Unternehmen wie BMW und Foxconn eingesetzt, um Fabriklayouts zu optimieren, Roboteroperationen zu simulieren und die Produktionseffizienz zu verbessern.“
Digitale Zwillinge sind sehr nützlich bei der Einrichtung dunkler Fabriken an beliebigen geografischen Standorten. Dies macht sie zu einem entscheidenden Instrument für die globale Expansion und die Erhöhung der Kosteneffizienz von Unternehmen.
Joris Franck, Portfoliomanager KBC Asset Management
Industrielle Trends und Investitionspotenzial
Der Vormarsch dunkler Fabriken wird zum Teil durch strategische Überlegungen in einer Welt voller Ungewissheiten vorangetrieben. Diese Entwicklung wirkt sich auf mehrere Sektoren aus:
- Automatisierung und Robotik:
Mehrere Unternehmen sind im Bereich der industriellen Automatisierung und Robotik tätig. „Beispiele sind Siemens, ABB, Rockwell Automation und Fanuc“, sagt Franck. „Oder auch Jabil. Das ist ein in den USA ansässiger weltweit aktiver Anbieter von Fertigungsdienstleistungen, der fortschrittliche Robotertechnik und Automatisierung einsetzt, um eine erweiterbare Produktion in Großvolumen für die Elektronik- und Automobilindustrie zu ermöglichen. Tesla ist ein weiteres Beispiel dafür. Neben der Autoproduktion entwickelt Tesla seinen humanoiden Roboter Optimus mit dem Ziel, diesen in den Autofabriken von Tesla einzusetzen, um die Autoproduktion selbst weiter zu automatisieren.“
- KI und Software-Plattformen:
Digitale Zwillinge, industrielle KI und cloudbasiertes Monitoring sind Technologien, die zunehmend in Produktionsumgebungen eingesetzt werden. „Ein Beispiel dafür ist die Omniverse-Plattform von Nvidia“, erklärt Franck.
- Industrielle Produktion:
„Ich führe gern als Beispiel Xiaomi an“, fügt Franck hinzu. „Dessen intelligente Fabrik in Changping in China ist seit 2024 in Betrieb. In dieser Fabrik werden rund um die Uhr und ohne menschliches Zutun Smartphones hergestellt, und zwar mit einer Geschwindigkeit von einem Gerät pro Sekunde. Xiaomi stellt auch Elektrofahrzeuge und verschiedene Konsumgüter wie Waschmaschinen und Geschirrspüler her.“
Die jüngsten Fortschritte im Bereich der künstlichen Intelligenz, der fortgeschrittenen Robotik und des Internets der Dinge lassen darauf schließen, dass die Weichen für eine weitere Entwicklung hin zur automatisierten Fertigung gestellt sind. Dieser Trend ist Teil eines umfassenderen industriellen Wandels, den wir heute erleben.
Joris Franck, Portfoliomanager KBC Asset Management
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