
Hacker bieten auch Anlagechancen
Von Phishing bis Sabotage, von Datendiebstahl bis Deepfakes - Cybersicherheit ist nicht mehr nur eine technische Herausforderung, sondern eine wirtschaftliche Priorität. Dies bietet Chancen für Anleger.
Cybersicherheit ist eine sich selbst verstärkende Wachstumsgeschichte: Mit zunehmenden Risiken werden die Lösungen komplexer und die Investitionen steigen.
Steven Vermander, Portfoliomanager bei KBC Asset Management
Krieg wird heute nicht nur auf physischen Schlachtfeldern geführt. Digitale Feinde verüben auch Angriffe auf Bürger, legen Unternehmen lahm und destabilisieren Regierungen. Diese Angriffe sind nicht willkürlich. Sie sind oft Teil einer umfassenderen Strategie der hybriden Kriegsführung. Denken Sie an pro-russische Hacker, die die Websites europäischer Behörden lahmlegen. „Wir leben in einer Welt, in der ein gut durchgeführter Cyberangriff genauso verheerend sein kann wie ein physischer Konflikt“, sagt Steven Vermander, Portfoliomanager bei KBC Asset Management. „Aber während Regierungen und Unternehmen ständig auf der Hut sein müssen, schafft diese Situation gerade Chancen für Anleger.“

Die Zahlen sind beeindruckend: Nach Angaben von Microsoft finden weltweit jeden Tag rund 600 Millionen Cyberangriffe statt. Das sind mehr als 27 000 pro Sekunde. Nach Angaben von Cybercrime Ventures beliefen sich die weltweiten Gesamtkosten der Cyberkriminalität für 2024 auf ganze 9 500 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich: Wäre die Cyberkriminalität ein Land, so wäre es die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt. Dabei geht es nicht nur um direkte finanzielle Schäden: Das Image von Unternehmen steht auf dem Spiel, persönliche Daten werden verbreitet und Identitäten missbraucht.
Auch bei uns ist die Bedrohung konkret. „Laut VLAIO (Flämische Agentur für Innovation und Unternehmertum, Anm. d. Red.) sahen sich 2023 10% der flämischen Unternehmen mit einem Cyberangriff konfrontiert“, so Vermander. „Letztes Jahr waren es bereits fast 50 Prozent. Einer von 10 Angriffen war erfolgreich: von lahmgelegten Online-Shops bis hin zu gestohlenen Kundendaten.“
Die Katze, die Maus und die KI
Der Aufstieg der KI verschiebt die Grenzen des Möglichen, sowohl für Angreifer als auch für Verteidiger. Mit Deepfakes ist es ein Kinderspiel, Menschen mit überzeugenden gefälschten Videos zu täuschen. „Letztes Jahr noch gab es den Fall eines Mitarbeiters, der nach einem Deepfake-Videogespräch mit jemandem, der sich als CFO ausgab, 25 Millionen Dollar überwies“, erklärt Vermander. „Gleichzeitig bietet die KI auch neue Verteidigungsmöglichkeiten, etwa die schnellere Erkennung verdächtiger Transaktionen oder die Vorhersage von Schwachstellen in Systemen. Es ist ein Katz-und-Maus-Spiel auf fortgeschrittenem Niveau.“
Weltweit finden jede Sekunde mehr als 27 000 Cyberangriffe statt. Die Cybersicherheit ist also nicht nur ein Verteidigungsmechanismus, sondern auch eine Chance für diejenigen, die in die Zukunft blicken.
Steven Vermander, Portfoliomanager bei KBC Asset Management
Und dann ist da noch die Bedrohung durch die Quantentechnologie. Obwohl Quantencomputer noch nicht alltäglich sind, könnten sie im Falle eines Durchbruchs in der Zukunft Verschlüsselungen - das mathematische Rückgrat unserer digitalen Sicherheit - im Handumdrehen knacken. „Unser gesamtes digitales Leben basiert auf Verschlüsselung: von WhatsApp-Nachrichten bis zum E-Commerce. Wenn Quantencomputer diese Codes knacken können, ist die Sicherheit des gesamten Internets gefährdet. Der Wettlauf in Richtung quantenresistente Sicherheit ist daher in vollem Gange.“
Cybersicherheit: von Kostenfaktor zur Kerninvestition
Der digitale Wandel unserer Gesellschaft schafft einen strukturellen Bedarf an Cybersicherheit. „Wir alle produzieren mehr und mehr Daten, durch Smartphones, Laptops, Autos und das Internet der Dinge“, sagt Vermander. „Je mehr Daten verfügbar sind, umso mehr Gelegenheit es zum Datenmissbrauch gibt.

Inzwischen wächst das Bewusstsein, dass sich Prävention auszahlt. „Es gibt keine 100%ige Cybersicherheit“, betont Vermander. „Organisationen, die sich für die Widerstandsfähigkeit gegenüber Cyberangriffen engagieren - mit klaren Krisenverfahren und einer echten Sicherheitskultur - haben jedoch eine viel bessere Widerstandsfähigkeit bei möglichen Vorfällen.
Nach Angaben des Marktforschungsunternehmens Precedence Research vertrat der globale Cybersicherheitsmarkt 2024 einen Wert von 268 Milliarden US-Dollar. Bis 2034 würde dieser Betrag 878 Milliarden Dollar erreichen, was einer jährlichen Wachstumsrate von 12,6% entspricht. Die Branche entwickelt sich zusammen mit den Risiken: von Netzwerk- und Endpunktschutz bis hin zu Identitätsmanagement, Cloud-Sicherheit und Echtzeit-Backups. Dies macht die Cybersicherheit zu einer sich selbst verstärkenden Wachstumsgeschichte: Mit zunehmenden Risiken werden die Lösungen komplexer und die Investitionen steigen.
Ein struktureller Wachstumstrend für Anleger
Für Anleger, die ihr Portfolio über die traditionellen Big-Tech-Unternehmen hinaus diversifizieren möchten, bietet die Cybersicherheit interessante Möglichkeiten. Aber auch Risiken. „Aufgrund des starken Wachstums und der erhöhten Aufmerksamkeit notieren viele Aktien in diesem Sektor zu hohen Bewertungen“, warnt Vermander. „Der Markt ist volatil. Deshalb ist es wichtig, dass die Anleger ihre Hausaufgaben machen, die richtigen Segmente auswählen und ausreichend diversifizieren.“
An der digitalen Front gibt es nicht nur Risiken, sondern auch Chancen.
Steven Vermander, Portfoliomanager bei KBC Asset Management
So oder so bleibt der strukturelle Trend unübersehbar. „Cybersicherheit ist heute keine IT-Ausgabe mehr, sondern ein strategisches Thema“, so Vermander abschließend. In einer digitalen Welt, in der Daten das neue Gold sind und die Angriffe immer raffinierter werden, sind Investitionen in die digitale Sicherheit kein Luxus mehr, sondern eine Notwendigkeit.
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Dieser Artikel ist rein informatorisch und darf nicht als Anlageberatung betrachtet werden.