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Pharma: ein Sektor zwischen geopolitischen Stürmen und strukturellem Wachstum

Der Pharmasektor steht auch im Jahr 2025 wieder im Zentrum des geopolitischen Sturms. Handelskonflikte, das Risiko einschneidender regulatorischer Änderungen und ein schwacher Dollar sorgen für Turbulenzen. Dennoch bleibt die Pharmaindustrie ein Anker der Innovation und eine Notwendigkeit. Wir werden älter, der Pflegebedarf steigt und technologische Durchbrüche folgen in Rekordgeschwindigkeit aufeinander. Für den Privatanleger ist es wichtig, das Rauschen herauszufiltern und die fundamentale Stärke dieses Sektors zu erkennen. Wir sprachen mit Liesbeth Van Rompay, Portfoliomanagerin bei KBC Asset Management.

2025 war kein einfaches Jahr für Pharmaanleger. Die Erklärung liegt jedoch hauptsächlich außerhalb der Fundamentaldaten: Wechselkurse, Handelspolitik und disruptive Regulierung. Wenn man diese Störsender herausfiltert, zeigt sich ein Sektor, der gesellschaftlich unverzichtbar und technologisch fortschrittlich ist.

Liesbeth Van Rompay, Portfolio Manager KBC Asset Management


 

Die Herausforderungen des Jahres 2025: Geopolitik, Regulierung und Wechselkurse

Obwohl die Fundamentaldaten des Pharmasektors stark bleiben, war 2025 ein Jahr der relativen Underperformance an den Aktienmärkten. Der MSCI Health Care Index stieg – bis zum Wendepunkt Anfang Oktober – um knapp 5%, während der breitere MSCI ACWI Index fast 19% zulegte. Im vierten Quartal kam es dann zu einer kleinen Aufholbewegung, bei der sich der Abstand zwischen dem MSCI Health Care Index – der bei rund 13% notiert – und dem breiteren MSCI ACWI – der derzeit bei rund 19% notiert – von 14% auf etwa 6% verringerte. Das heißt, in USD.


Wie erklärt sich die schwache Performance?
 

  • Geopolitische Unsicherheit
    Das Jahr 2025 brachte unerwartete Herausforderungen mit sich. Der US-Präsident kündigte Einfuhrzölle von bis zu 100% auf Markenarzneimittel an, mit Ausnahmen für Unternehmen, die Produktionsstätten in den USA errichten. Für EU-Exporteure verwies die Europäische Kommission auf eine Obergrenze von 15% im Rahmen des im Sommer geschlossenen Deals, aber die Unsicherheit blieb bestehen.  Dies führte zu einer gewissen Volatilität bei europäischen Unternehmen mit großem Engagement in den USA, wie UCB und Sanofi. Aber auch US-amerikanische Unternehmen stehen unter Druck, da sie aus Gründen der Steuereffizienz häufig einen großen Teil ihrer Produktion in Irland angesiedelt haben.

  • Der schwache Dollar 
    Der US-Dollar erlebte das schlechteste Jahr seit Jahrzehnten und verlor gegenüber dem Euro mehr als 10%. Für die europäischen Anleger bedeutete dies, dass sich trotz der Kursanstiege in Dollar die US-Pharmaanlagen in Euro negativ entwickelten. Hinzu kommt: Europäische Pharma- und Medizintechnikunternehmen sind solide USD-Verdiener. Rund 50% des Umsatzes der europäischen Pharmaunternehmen werden in USD erzielt. Der Umsatz, der in den Preis einer Aktie einfließt, steht daher bei einem schwachen USD stark unter Druck. Doppeltes Pech also für diesen europäischen Anleger.

  • Sektorrotation
    Das Gesundheitswesen hat durch den Aufstieg von KI-Aktien und den Magnificent Seven seine Vitalität verloren. Die Medizintechnik wurde von dem Hype um die Technologieunternehmen überflügelt.

  • Aktienspezifische Probleme
    Einige Unternehmen mussten aufgrund von fehlgeschlagenen Pipeline-Ergebnissen Einbußen hinnehmen. Sanofi zum Beispiel fiel nach enttäuschenden Phase-3-Ergebnissen seines Ekzem-Medikaments Amlitelimab um 10%.

 

Die Fundamentaldaten, Bewertung, Gewinnwachstum und Dividende, bleiben solide.

Trotz des Drucks an den Börsen sind die Fundamentaldaten des Sektors nach wie vor intakt:
 

  • Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV): Die Pharma-Aktien werden weltweit mit einem Abschlag von 5% gegenüber dem 10-Jahres-Durchschnitt gehandelt.
  • Erwartetes Gewinnwachstum: Für 2026 wird bei den Pharma-Aktien weltweit ein zweistelliges Gewinnwachstum erwartet.
  • Dividendenrenditen: Aktien aus dem Pharmasektor bieten in der Regel stabile Dividenden.

 

Die Bewertungen liegen deutlich unter dem langfristigen Durchschnitt, während die Gewinnerwartungen intakt sind.

Liesbeth Van Rompay, Portfolio Manager KBC Asset Management

 

Anlegern, die den Mut aufbringen, den gerade tobenden Sturm auszuhalten, bietet der Pharmasektor Folgendes:

  • defensive Stabilität und langfristiges Wachstumspotenzial,
  • starke Cashflows und zuverlässige Dividenden,
  • einen unterbewerteten Sektor mit intakten Fundamentaldaten für Wertanleger.

 

Preisabsprachen und ihre Auswirkungen: Das Beispiel von Pfizer

Am 30. September 2025 wurde zwischen der US-Regierung und Pfizer ein wichtiger Deal zur Preisfestsetzung von Medikamenten geschlossen. Die Vereinbarung sieht Preissenkungen bei Medicaid (dem gesetzlichen Krankenversicherungsprogramm für Niedrigverdiener und Unterversorgte in den USA, Anm. d. Red.) vor und bindet die Arzneimittelpreise in den USA an die niedrigsten Preise in anderen Industrieländern.

Es wird allgemein angenommen, dass letzterer Aspekt des Deals für Europa von Nachteil sein könnte, da die Gefahr besteht, dass neue Medikamente nicht auf den Markt kommen.

Als Gegenleistung für zusätzliche Investitionen in die US-Produktion erhält Pfizer eine dreijährige Zollbefreiung. Die finanziellen Auswirkungen für Pfizer werden als überschaubar angesehen. Der Deal ist ein Präzedenzfall für den Sektor. Die Sektoren Biopharma und Life Sciences entwickelten sich nach der Ankündigung gut.

 

Es gibt immer noch Fragen, unter anderem die, wie die Pharmadeals zwischen Trump und Europa aussehen werden. Da nun aber Klarheit über die Politik herrscht, dürfte sich die Aufmerksamkeit der Anleger wieder auf die Fundamentaldaten des Sektors richten.

Liesbeth Van Rompay, Portfolio Manager KBC Asset Management

Demografie und Innovation: die beiden Motoren des Wachstums

Alterung als Megatrend

Die Weltbevölkerung wird immer älter. Im Jahr 2050 wird einer von sechs Menschen älter als 65 Jahre sein, was zu stark steigenden Gesundheitskosten führen wird. Dies gewährleistet eine kontinuierliche Nachfrage nach Arzneimitteln und Gesundheitslösungen.

 

Für mich bleibt die zunehmende Konzentration auf die Gesundheit ein Megatrend. Nicht, weil der Aktienmarkt dies jedes Quartal bestätigt, sondern weil Gesundheit und innovative Lösungen für die Gesundheitsfürsorge langfristig die zwischenzeitliche Volatilität besiegen.

Liesbeth Van Rompay, Portfolio Manager KBC Asset Management

 

Innovationskraft: von der Zell- und Gentherapie bis zur künstlichen Intelligenz (KI)

Die Innovationskraft des Sektors ist nach wie vor unübertroffen. Denken Sie an Durchbrüche in der Zell- und Gentherapie, in der Biologie und in der KI-gesteuerten Forschung und Entwicklung. Oder an personalisierte Therapien, die auf das genetische Profil eines Patienten abgestimmt sind - eine Revolution im Entstehen.

Die KI nimmt immer mehr Einfluss auf das Gesundheitswesen. Die Medizintechnik ist mit KI-gesteuerten Operationsrobotern und Diagnosesystemen führend. In der Biopharmazeutik steht die KI noch am Anfang, aber das Potenzial ist enorm: Experten zufolge kann die KI den Prozess der Arzneimittelentwicklung drastisch verkürzen, indem sie die für die Forschung benötigte Zeit von Jahren auf Monate reduziert.

 

Es ist bekannt, dass alle großen biopharmazeutischen Unternehmen KI-Projekte durchführen und die Zahl der Partnerschaften mit Technologieunternehmen wächst.

Liesbeth Van Rompay, Portfolio Manager KBC Asset Management

 

Große Technologieunternehmen wie Alphabet, Microsoft und Apple investieren massiv in das Gesundheitswesen.

Machen Sie Ihre Hausaufgaben

  • Medizintechnik und digitale Gesundheitsfürsorge
    Medizintechnik ist teuer bewertet und reagiert empfindlicher auf wirtschaftlichen Gegenwind, vor allem aus China, aber die negativen Auswirkungen der US-Zollpolitik sind unserer Meinung nach bereits im Preis berücksichtigt. Unterstützt wird das Thema durch gesunde Nutzungstrends und einen starken Strom innovativer Produkteinführungen.

  • Biopharmazeutik
    Wegen negativer Schlagzeilen über die US-Politik und den Preisdruck kommt der defensive Charakter von Pharma und Biotech nicht zum Tragen. Dennoch läuft der Innovationsmotor weiter und die Bewertungen sind attraktiv.

  • Europa
    Fundamental ist der europäische Pharmasektor attraktiver, da er weniger von der bevorstehenden Patentklippe betroffen ist und mehr Wachstumspotenzial bietet. Nach Covid und der Zeit der unterbrochenen Lieferketten verfolgen viele biopharmazeutische Unternehmen, insbesondere die großen europäischen Namen, bereits weitgehend einen US-für-US-Ansatz, um die Auswirkungen der US-Zölle zu begrenzen.

  • Themen und Technologien
    Schauen Sie sich die wichtigsten vernachlässigten Krankheitsbereiche an. Beispiele für wichtige Akteure sind AstraZeneca in der Onkologie, UCB in der Immunologie oder Boston Scientific auf dem großen, wachsenden Kardiologiemarkt.

    Sehen Sie sich Technologien an, die minimalinvasive Eingriffe ermöglichen, wie die Operationsroboter von Intuitive Surgical und Stryker.

 

Pharma ist mehr als nur eine defensive Geldanlage. Der Sektor treibt den Fortschritt voran und bietet eine Antwort auf die demografischen und medizinischen Herausforderungen. Außerdem wird erwartet, dass der Innovationsmotor des Sektors durch die Fortschritte in der KI weiter Fahrt aufnehmen wird.

Liesbeth Van Rompay, Portfolio Manager KBC Asset Management


 

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Dieser Artikel ist rein informatorisch und darf nicht als Anlageberatung betrachtet werden.