
Trump 2.0: Neue Weltordnung birgt sowohl Chaos als auch Chancen für Anleger
Die Weltwirtschaft leidet unter dem unberechenbaren Kurs der US-Außenpolitik von Präsident Trump. Historisch hohe Einfuhrzölle und eine diplomatische Strategie, die auf Konfrontation und Machtspiele ausgerichtet ist, führen in der ganzen Welt zu Unsicherheit. Wie können Anleger am besten durch solch turbulente Zeiten navigieren? Siegfried Top und Jeroen Van Boeckel, beide Strategen bei KBC Asset Management, diskutieren ihre Ansichten im Podcast: Zeit für Wirkung: Wie anlegen in der neuen Weltordnung?
Viele Anleger scheinen das Vertrauen in die USA verloren zu haben", meint Top. Die Aktienmärkte schwanken zwischen Optimismus und Pessimismus hin und her. Das Vertrauen in US-Staatsanleihen und in den Dollar gerät ins Wanken. „Der größte Schaden ist die Unsicherheit, die durch Trumps Politik entsteht. Dadurch werden überall in der Welt Investitionsentscheidungen verzögert", fasst Top zusammen.
Handelskonflikt mit China steht ganz oben auf der geopolitischen Agenda

In Trumps außenpolitischer Agenda nimmt die Konfrontation mit China einen wichtigen Platz ein. Nach Ansicht von Top zeigt die Intensität des Handelskonflikts zwischen den beiden Ländern, dass es sich nicht um einen gewöhnlichen Handelsstreit handelt: „Das Ziel der USA ist es, Chinas Aufstieg und Dominanz strukturell zu stoppen." Dies spiegelt sich in weitreichenden Maßnahmen wie hohen Einfuhrzöllen auf chinesische Produkte, Druck auf Technologieketten und strategischen Manövern um wichtige Rohstoffe wider. „China selbst spielt auch mit harten Bandagen“, argumentiert Top. „Die Chinesen sind jetzt besser vorbereitet als unter Trumps erstem Mandat. Sie wollen Geschäfte machen, aber nicht um jeden Preis. Übrigens ist China in Sachen Technologie viel weiter, als man denkt, trotz aller Einschränkungen in der Vergangenheit“, fügt Van Boeckel hinzu. „Man denke nur an die Geschichte von Deepseek oder die Fortschritte im Quantencomputing. Beim Wettlauf um den technologischen Fortschritt steht viel auf dem Spiel. Wer aus diesem Rennen als Sieger hervorgeht, kann einen enormen wirtschaftlichen und sogar militärischen Vorteil erlangen.“
Europa: Eine Gratwanderung
Europa ist von der geopolitischen Neuordnung indirekt, jedoch substanziell betroffen. Die EU kann sich nicht mehr auf billige Energie aus Russland, billige Waren aus China oder den Sicherheitsschirm der USA verlassen. Ein neues Vorgehen in der geopolitischen Navigation wird auf jeden Fall eine der großen Herausforderungen der kommenden Jahre sein", so Van Boeckel. „Mehr strategische Unabhängigkeit ist ein absolutes Muss.“ Die Entscheidungsfindung in Europa ist jedoch nicht immer einfach, da die USA die Europäische Kommission zunehmend umgehen und direkt mit den Mitgliedstaaten verhandeln. „Wir sind wie ein Schiff mit 27 Kapitänen“, sagt Top. „Es ist wichtig, die Einigkeit zu wahren. Aber auch, pragmatisch zu sein und europäische Unternehmen nicht zu sehr zu benachteiligen, zum Beispiel durch zu viel Regulierung. Es wird zunehmend zu einer Gratwanderung“, betont Van Boeckel. Die Geopolitik erweist sich heute als transaktionaler, eher dominiert von persönlichen Beziehungen und Emotionen. Und weniger gestützt auf Freihandel und andere liberale Werte.“
Es gibt keinen Grund, sich langfristig von US-Aktien zu trennen. Es bleibt ein großer Markt mit innovativen und wettbewerbsfähigen Unternehmen.
Siegfried Top, Stratege bei KBC Asset Management
Wie kann man sich als Anleger in diesen turbulenten Zeiten über Wasser halten?

„Emotionen sind nie ein guter Ratgeber“, warnt Van Boeckel. Auf volatilen Märkten können die Preise schnell fallen, sich aber auch ebenso schnell wieder erholen. Top empfiehlt, dabei drei Grundsätze zu beachten. Erstens geht es um den Aufbau eines soliden Fundaments mit einem weltweit diversifizierten Portfolio aus Aktien und Anleihen, darunter hauptsächlich europäische Anleihen. Zweitens ist Flexibilität ein Muss, um bei neuen Entwicklungen schnell reagieren zu können. Drittens rät er Anlegern, sich auf strategische Trends zu konzentrieren, die über geopolitische Turbulenzen hinausgehen. Die grundlegenden Trends bleiben bestehen“, betont Van Boeckel. „Denken Sie an technologische Innovation, wobei KI im Mittelpunkt steht, und an Cybersicherheit.“ Mit dieser Sichtweise bezieht sich Top auf Möglichkeiten außerhalb des reinen Technologiebereichs. In KI anzulegen, bedeutet nicht nur, in Chips oder Hardware zu investieren, sondern auch in Rechenzentren, Cloud-Infrastruktur und Anwendungen. Denken Sie an selbstfahrende Autos, KI-Agenten oder intelligente Roboter. Die Zukunft rückt sehr schnell näher. Als Anleger sollte man dabei sein.“
Beim Wettlauf um die technologische Vorherrschaft steht viel auf dem Spiel. Wer aus diesem Rennen als Sieger hervorgeht, kann einen enormen wirtschaftlichen Vorteil erlangen.
Jeroen Van Boeckel, Stratege bei KBC Asset Management
Gegen den Strom schwimmen?
Trotz Trumps disruptivem Stil ist es keine Option, so Top, die USA als Investitionsstandort komplett abzuschreiben: „Es gibt keinen Grund, sich langfristig von US-Aktien zu trennen. Es bleibt ein großer Markt mit innovativen und wettbewerbsfähigen Unternehmen.“
Die globale Wirtschaftsordnung mag derzeit ins Wanken geraten sein, doch Panik ist keine Option. „Es ist ratsam, den Fokus und die Ruhe zu bewahren. Verlieren Sie das langfristige Ziel nicht aus den Augen", empfiehlt Top. Van Boeckel schließt sich dieser Auffassung an: „Es zahlt sich auf lange Sicht oft aus, gegen den Strom zu schwimmen. Und ganz gleich, wie unberechenbar die geopolitischen Winde wehen, einige Trends sind einfach zu stark, um sie zu ignorieren.“
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Dieser Artikel ist rein informatorisch und darf nicht als Anlageberatung betrachtet werden.